Shmuel Lehman

Shmuel Lehman war ein autodidaktischer Volkskundler und Sammler jiddischer Folklore, vor allem von Volksliedern, z.B. Lieder über Arbeit, Streiks und Revolution, Sprichwörtern, Volksmärchen, Purim-Spielen, jiddischen Spitznamen für Städte, Volkstheaterstücken und neuen historischen Materialien, was Diskussionen auslöste, was zur jiddischen Folklore gehörte. Er sammelte Kinderfolklore und Diebeslieder (Ganovim-lider).

Lehman wurde 1886 in Warschau geboren. Seine Familie waren Chassidim. Er trat dem sozialistischen BUND bei. Pinkhes Graubard veröffentlichte Lehmans Sammlungen. Lehman schrieb keine wissenschaftlichen Artikel, er sammelte und reiste dafür durch Polen und Märkte. Er wurde in diesem Archiv trotzdem unter Jiddisten aufgeführt.

Shmuel Lehman starb 1941 im Warschauer Ghetto.

Ausführlich zu Lehmans Sammlungen: https://congressforjewishculture.org/people/3341/

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Portrait : Ausschnitt aus dem Foto: https://www.researchgate.net/figure/Folklorist-and-zamler-Shmuel-Lehman-and-his-students-interviewing-an-elderly-woman_fig1_366825954

„Abbildung verfügbar unter der Lizenz: Creative Commons Attribution-NonCommercial 4.0 International“

Drei Abb. links: Yiddish Book Center

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Joseph Kirman

יוסף קירמן

Joseph Kirman war ein jiddischer Schriftsteller und Arbeiterdichter, 1896 in Warschau geboren. Er hat am Ringelblum-Archiv mitgearbeitet, dem Geheimarchiv, in dem das Leben und Sterben der Juden im Warschauer Ghetto aufgezeichnet wurde. Kirman schrieb über das Sterben der Kinder. Er wurde 1943 im KZ Poniatów ermordet.

Yiddish Book Center, Portrait findagrave.com

Zvi Kolitz

Jiddischer Schriftsteller, Journalist, Drehbuchautor und Geheimagent, 1912 im Shtetl Alytus, Litauen geboren. Sein Vater war Rabbiner, Kolitz studierte an der Jeschiwa von Vilijampolė.

Vor dem Holocaust floh er zunächst nach Italien, studierte Geschichte, ging 1940 nach Palästina. Er wurde Zionist, arbeitete im Widerstand und bei der britischen Armee.

Bekannt ist Zvi Kolitz durch sein Buch ‚Yossl Rakover ret tsu Got‘ von 1946, verfasst in Buenos Aires und nicht im Warschauer Ghetto, wie es zunächst hieß. Ein fiktives Hiob-Thema, das im Warschauer Ghetto spielt. Die erste deutsche Ausgabe wurde von Anna Maria Jokl aus dem Jiddischen übertragen, die neue Ausgabe von Paul Badde.

Zvi Kolitz ging später nach New York, wo er 2002 starb.

Portrait Lapham’s Quarterly

Diogenes; Antiquariat Neue Kritik

Bernard Mark

Jiddisch- und polnischsprachiger Publizist. Seine Themen waren die Juden im Holocaust.

Mark wurde 1908 in Łomża geboren, Russisches Reich, heute Polen. Sein Jura-Studium absolvierte er in Warschau, den Holocaust überlebte er in der Sowjetunion.

Mark war Mitglied der Kommunistischen Partei Polens, Herausgeber der Zeitung Der frajnd, Mitarbeiter im Jüdischen Antifaschistischen Komitee und von 1949 bis 1966 Direktor des Jüdischen Historischen Instituts (Żydowski Instytut Historyczny) in Warschau. Mark starb 1966, sein Grab liegt in Warschau.

Werke u.a.
• Der oyfstand in Varshever geto.
Auch auf Deutsch erschienen: Der Aufstand im Warschauer Ghetto – Entstehung und Verlauf.
• Geszichte fun di socjale bawegungen in Pojln
• Di Yidishe Tragedye in der Poylisher Literatur.
• Di umgekumene shrayber fun di getos un lagern un zeyere verk.

Bild Żydowski Instytut Historyczny

Über das Jüdische Historische Institut


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Igor S. Korntayer

Jiddischer Dichter, Sänger und Schauspieler, geboren in den 1890er Jahren in Polen. 1918 Jiddisches Theater Łódź. 1926 Warschau Scala Teater. Korntayer schrieb Lieder, Operetten, Theaterstücke.

Interniert im Warschauer Ghetto schrieb er das berühmte Lied „Vi ahin zol ikh geyn“. Es wurde vertont von Oskar Strock.

1941 wurde Igor Korntayer in Auschwitz vergast.

װוּ אַהין זאָל איך גײן
װער קאָן ענטפֿערן מיר
װוּ אַהין זאָל איך גײן
אַז פֿאַרשלאָסן איז יעדער טיר
ס’איז די װעלט גרױס גענוג
נאָר פֿאַר מיר איז ענג און קלײן
װי אַ בליק מוז צוריק
ס’איז צעשטערט יעדער בריק
װוּ אַהין זאָל איך גײן

(Ausschnitt)

Wohin soll ich gehn
Wer kann antworten mir
Wohin soll ich gehn
Da verschlossen jede Tür
Die Welt ist groß genug
Nur für mich eng und klein
Wohin ich auch blick
Es ist zerstört jede Brück‘
Wohin soll ich gehn?

„Während eines Gastspiels seiner Revue in Paris besuchte der Sänger Leo Fuld einen kleinen jiddischen Club. Dort hörte er einen Überlebenden des Warschauer Gettos ein Lied singen, das ihn tief berührte: „Vi ahin zol ich geyn?“. Fuld bat den Komponisten um eine Kopie und schrieb den englischen Text dazu.“ (Wikipedia).

Tell me, where can I go?
There’s no place I can see.
Where to go, where to go?
Every door is closed for me.
To the left, to the right,
It’s the same in every land.
There is nowhere to go
And it’s me who should know,
Won’t you please understand?

Now I know where to go,
Where my folk proudly stand.
Let me go, let me go
To that precious promised land.
No more left, no more right,
Lift your head and see the light.
I am proud, can’t you see,
For at last I am free:
No more wandering for me.

Das war 1949. Der Staat Israel war gegründet. Zu spät für Igor Korntayer. Zu spät für 6 Millionen.

Bild savethemusic.com

Vi ahin sol ikh geyn? Interpretiert von Leo Fuld

Samuel Hirszhorn

Jiddischer Journalist, Dichter, Liedertexter und Übersetzer, geboren 1876 in Słonim, heute Belarus, seinerzeit Russisch-Polen (das Weichselland). Hirszhorn lebte in Warschau und arbeitete für mehrere jiddische und polnische Zeitungen. 1939 wurde er im Warschauer Ghetto interniert. Während der Deportation 1942 beging er Selbstmord.

Werkbeispiel
Di geshikhte fun di yidn in poyln fun fir yorikn seym biz der veltmilkhome 1788-1914

Shloime Gilbert

Jiddischer Schriftsteller. Geboren wurde Shloime Gilbert 1885 in Radzymin bei Warschau. Er wuchs bei seinem Großvater auf, einem Rabbiner, der ihn in der Kabbalah unterrichtete. 1905 begann er zu schreiben und 1907 in den gängigen jiddischen Zeitungen zu veröffentlichen. Der angesehene Literaturkritiker Samuel Niger wurde auf ihn aufmerksam.

1922 gab der Warschauer Schriftsteller- und Journalistenverband eine Sammlung seiner Erzählungen heraus. Es folgten weitere Werke. Gilbert verkehrte in der Tłomaczkie 13, dem Sitz des Verbandes.

Dann kam der Holocaust und Gilbert war im Warschauer Ghetto eingesperrt. Er schrieb weiter und war wie Jechiel Lerer bei der jiddischen Kulturorganisation YIKOR aktiv.

Ein Kritiker schrieb, seine Geschichten müssten wie Gedichte gelesen werden.

Sein Bruder war nach Palästina gegangen, aber Shloime blieb bei der Mutter, als der Vater starb, sie wollte nicht nach Palästina. Das kostete ihn das Leben. 1942 wurde Shloime Gilbert nach Treblinka deportiert und ermordet.

Ich empfehle den sehr gefühlvollen Artikel von Chaim Levy.

Klick

Werke z.B.
Noveln
Meshiehs Trit: Dramatishe Poeme in Dray Aktn.
Der keler
Gilberts gesammelte Werke erschienen 1954. 

Jechiel Lerer

Jiddischer Dichter, 1910 in Żelechów, Polen geboren. Lebte ab 1940 im Warschauer Ghetto, wo er Gedichte für die Untergrundpresse schrieb. War Aktivist bei der jüdischen Kulturorganisation YIKOR (Yidishe Kulturele Organizatsye), die sich im Ghetto für jiddische Kultur engagierte.
Lerer wurde 1943 in Treblinka ermordet.

Werke z.B.
Main heym
Lider un poeten
Sh’aul un David
Brunems in feld
Shtilkeyt in shturm

Bild
©jewishgen.org

Quellen
holocaust-denkmal-berlin.de: Raum der Namen
worldcat.org
sztetl.org.pl: Das Warschauer Ghetto

Binem Heller

Jiddischer Schriftsteller und Journalist, stammt aus einer chassidischen Familie und wurde 1908 in Warschau geboren.

Den Holocaust überlebte Heller u.a. in Bialystok und Moskau. 1947 Rückkehr nach Polen, im Jüdischen Schriftstellerverband und bei jiddischen Zeitungen aktiv.

1956 ging Heller nach Israel, wo er bis 1998 lebte.

Er gab eine Anthologie mit Gedichten von unter der Naziherrschaft ermordeten Dichtern heraus: Dos lid iz geblibn. Lider fun yidishe dikhter in poyln, umgekumene beys der hitlerisher okupatsye, antologye. Warschau, 1951.

Zudem schrieb er ein Drama, Ein Haus im Ghetto, das im jiddischen Theater in Polen aufgeführt wurde.

Weitere Beispiele seiner Werke:
Im Warschauer Ghetto im Monat Nissan 
Durch Gitterstäbe
Die Erwartung der Tage
Der Weg nach Warschau
Durch Schatten und Licht
Ein Baum am Abend
Gedichtbände 
... und viele andere mehr.

Ein Gedicht von ihm:

Aharon Eynhorn

Man ahnt Böses beim Sterbedatum 1942. Der jiddischsprachige Journalist, Korrespondent, Theaterkritiker und Übersetzer Aharon Eynhorn wurde 1884 in Litauen geboren. Studium des Talmud, Studium an der Sorbonne. Eynhorn schrieb für jiddische Zeitungen und übersetzte aus dem Russischen, Französischen und Deutschen ins Jiddische, z.B. Bücher von Molière und Anatole France.

1939 hatte die polnische Regierung einer Gruppe Schriftstellern und Journalisten erlaubt, das Land zu verlassen, als die Deutschen kamen. Unter ihnen Zusman Segałowicz, der später die traurigen Schicksale seiner Dichterkollegen in seinem Buch Tłomackie 13 beschrieb. Aharon Eynhorn weigerte sich zu fliehen und wurde im Warschauer Ghetto interniert, wo er mit Emanuel Ringelblum arbeitete. Als das Ghetto geräumt wurde, versteckte er sich, wurde gefunden und erschossen.

Bild oben Yiddish Leksikon, Bild unten Zeichnung von Feliks Fridman, Segałowicz‘ Tłomackie 13 entnommen.

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