Fradel Shtok

Die jiddische Dichterin Fradel Shtok wurde 1890 im Shtetl Skala in Galizien geboren. Mit 17 wanderte sie nach New York aus und lebte bei Verwandten, ihre Eltern hatte sie früh verloren. Dort schloss sie sich der Dichtergruppe ‚Di Yunge‘ an.

Shtok schrieb Geschichten und lyrische Gedichte, teilweise in Sonettform, über die Ehe und junge jüdische Frauen in Osteuropa. Sie veröffentlichte im ‚Forverts‘ und in ‚Der tog‘, gab ein Buch mit Kurzgeschichten und einen Roman auf Englisch heraus ‚Musician Only‘.

Shtok erhielt scharfe Kritiken ihrer männlichen Dichterkollegen, die eine weibliche Dichterin nicht akzeptieren konnten. Sie schrieb von da an auf Englisch und wurde gemütskrank.

Erhältlich ist eine Veröffentlichung in englischer Übersetzung mit ausgewählten Geschichten aus dem Shtetl in Galizien und über Einwanderer in New York.

Über das Buch

Zum Weiterlesen

Ein Interview mit ihren Übersetzern

Hinde Gitel’s Daughter-in-Law, a Yiddish short story

Hervorragender Artikel von Jewish Studies Columbia

Grigori Kanowitsch

Grigorijus Kanovicius war ein litauischer Schriftsteller und Dramatiker, der hier unbedingt zugehört, auch wenn er statt Jiddisch auf Russisch schrieb. Seine mehr als zehn Romane handeln vom vergangenen Leben der litauischen Juden und der Geschichte des osteuropäischen Judentums.

Kanowitsch wurde 1929 in Jonava, nahe Kaunas, in Litauen geboren. Kaunas war wie Wilna, wie Warschau, eins der jüdischen geistigen Zentren Osteuropas. Kanowitsch wuchs traditionell jüdisch auf. Den Holocaust überlebte er mit seinen Eltern in Kasachstan, nach seiner Rückkehr nach Litauen fing er mit dem Schreiben an. 1993 emigrierte er nach Israel, weil es nach seinem Empfinden in Litauen kein jüdisches Leben mehr gebe. Kanowitsch starb dieses Jahr, im Januar 2023, in Tel Aviv.

Sein Roman ‚Kaddisch für mein Schtetl‘ ist autobiographisch. Weitere Werke in deutscher Übersetzung:
• Ewiger Sabbat (Kerzen im Wind)
• Tränen und Gebete der Einfältigen
• Die Freuden des Teufels
• Sklaven winkt kein Paradies

„Die Erinnerung an die Katastrophe, die Erinnerung an das osteuropäische Judentum wird Sache derer, die die Hölle überlebt haben. […] Irgendwer muss doch mit den Toten sein, ihren Schlaf bewachen, denn die Einsamkeit der Toten bringt Entfremdung und Feindschaft unter den Lebenden hervor. […] Die Verzweiflung verdoppelt und verdreifacht die Kräfte. Man muss schreiben […]“
Aus: ‚Die Einsamkeit der Toten. Erinnerung an das osteuropäische Judentum.‘ In: VIA REGIA Heft 32/33, 1995.

Foto oben: Andreas Stangl, DER STANDARD



Meir Blinkin

Meir Blinkin war ein jiddischer Schriftsteller und der Urgroßvater des amerikanischen Außenministers Antony Blinken.

Meir Blinkin wurde 1879 in Perejaslaw, heute Ukraine geboren, die Stadt, in der auch Sholem Aleichem zur Welt kam. 1904 emigrierte Blinkin mit seiner Familie in die Vereinigten Staaten, wo er an die 50 Bücher veröffentlichte und für Zeitungen schrieb. Sein Thema war vor allem die Diaspora in New York um die Jahrhundertwende, so auch in den abgebildeten ins Englische übersetzen Stories, von der Linguistin Ruth Wisse eingeleitet.

Meir Blinkins Stärke soll in den psychologischen Analysen und der Darstellung der Atmosphäre in der New Yorker Diaspora gelegen haben. Die Einwanderer kamen aus den Shtetlech Osteuropas und fanden sich in riesigen Mietshäusern einer tosenden Stadt wieder und hatten mit dem Zerrissensein zwischen der Moderne des Exil-Landes und ihrer tiefjüdischen Tradition zu kämpfen.

Blinkin spielte eine leitende Rolle innerhalb der Dichtergruppe ‚Di Yunge‘. Er starb mit nur 36 Jahren in New York.

Es waren seine amerikanischen Nachkommen, die aus dem jiddischen Blinkin -> Blinken machten.

Bild rechts unten: haGalil Antony Blinken. Links sunypress.edu/books
Suny

Pressukrainianjewishencounter.org

Samuel Lewin

Samuel Lewin wurde 1890 in einem Shtetl nahe Lublin, Polen geboren. Sein Elternhaus war streng jüdisch, seine Ausbildung traditionell in Cheder und Jeschiwa. Er wollte aber Schriftsteller werden und ging, wie so viele angehende Dichter, nach Warschau, wo er über seine Eindrücke vom Ersten Weltkrieg schrieb. Lewin schrieb sein ganzes Leben auf Jiddisch. Er wurde auch Publizist Journalist, Kritiker und Dramatiker.

Lewin lebte kurz in Argentinien in einer jüdischen Siedlung, ging 1920 nach Berlin, wo hundert Jahre später eine Straße nach ihm benannt wurde. Vor dem Holocaust konnte er nach New York fliehen. Lewin starb 1959 in der Bronx.

Seine bekanntesten Werke:
Chassidische Legende
Dämonen des Blutes. Eine Vision (Ein Antikriegsepos)
Zeitwende (Tradition vs. Zionismus)
Gesichte (Die kriegszerstörte Welt)
Und er kehrte heim (Weg eines Ostjuden)
Zwischen den Abgründen (Die Shtetl-Welt der polnischen Juden vor dem Holocaust)

Lewin wurde in viele Sprachen übersetzt.
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Eine alte Ausgabe von Chassidische Legende ist auf Deutsch in der Freimann-Sammlung zu lesen.

Über das Buch ‚Dämonen des Blutes‘ Näheres bei haGalil.


Motl Grubiyan

Der Dichter Motl Grubiyan stammt aus dem Shtetl Sokolivka, heute Ukraine. Er wurde 1909 geboren. Studium der Literatur, Mitarbeit beim Jüdischen Antifaschistischen Komitee. 1949 wurde er deswegen verhaftet. Er kam in das Lager Karaganda, seine Familie ins Ghetto Minsk. Seine Familie starb, Grubiyan überlebte.

Sein Traum war der Wiederaufbau der verbrannten Shtetlech, das Thema seiner Gedichte. Grubiyan starb 1972 in Moskau.

yiddishcenter.org

Bildnachweis: The National Library of Israel
https://www.nli.org.il/en/a-topic/987007311816105171
Abb. unten Yiddish Book Center

Yechiel Shraibman

Jiddischer Schriftsteller, 1913 im bessarabischen Vadul-Rashkov am Fluss Dnjestr geboren. Ein Shtetl mit 4 Synagogen, einem Cheder, Grund- und Talmud-Torah-Schule. Sein Großvater war Kantor, aber der ist früh gestorben.

Shraibman soll laut seinem Schüler Moshe Lemster drei Leidenschaften gehabt haben: Jiddisch, jiddische Literatur, jiddische Schriftsteller. Jiddisch war seine Muttersprache, Y.L. Perez sein Vorbild. 2015 erschien posthum sein Buch „Portraits“, in dem er über Dutzende jiddischer Schriftsteller und Künstler spricht, die er alle persönlich kannte.

Shraibman ging in den Cheder und die Talmud-Torah-Schule, die nach seiner Aussage etwas weltlicher war. Er wurde Uhrmacher und Dorflehrer. Später Studium am Czernowitzer Hebräischen Lehrerseminar. Dann wurde er wegen revolutionärer Kontakte verhaftet, tauchte in Bukarest unter und begann zu schreiben. 1941 Rückkehr und Aufnahme in den sowjetischen Schriftstellerverband.

Es folgten die Jahre, in denen Stalin alles Jüdische vernichtete. Shraibman lebte nur noch in Angst und schrieb zwanzig Jahre lang nicht mehr.
Er kannte auch Itzik Fefer, der 1952 unter Stalin zusammen mit Dovid Bergelson, Peretz Markish, David Gofstein, Lev Kvitko und vielen anderen hingerichtet wurde („Nacht der ermordeten Dichter“).

Anfang der Sechziger schrieb er wieder. Hier erzählt er sein Leben, sanft und eindrücklich, von seiner Geburt bis zur Perestroika:

https://www.centropa.org/en/biography/ihil-shraibman#glossary-1

In der Deutschen Digitalen Bibliothek kann man sein Buch über seine Jahre in Bukarest herunterladen („7 Jahre und 7 Monate“).

Shraibman starb 2005 in Moldawien.


BeBra Verlag
Perlentaucher
amazon

Izi/Yitskhok Kharik

Der jiddische Dichter und Redakteur Izi Kharik ist ein Opfer Stalins. Erst 39 Jahre war er alt, als er hingerichtet wurde. 1898 in Zembin, heute Belarus, geboren, besuchte die jüdische und eine russische Schule, arbeitete in einer Bäckerei und einer Apotheke, war Schulverwalter, Gewerkschaftsführer und Bibliothekar, bevor er Kommunist wurde und begann, Gedichte zu schreiben, Literatur und Kunst zu studieren. Seine Werke gelten als Grundstein für die sowjetisch-jüdische Literatur. Er hat so viel geschrieben und publiziert, daß es kaum aufzuzählen ist. Seine erste Gedichtsammlung hieß ‚Auf dem Land‘ und behandelt die Beziehung zwischen jüdischer Tradition und Moderne. Das berühmteste vielleicht ‚Mit Leib und Seele‘ – und überhaupt seine Shtetl-Gedichte. Es hieß, er konnte das sowjetische Leben gut darstellen.

1937 wurde Kharik verhaftet, gefoltert und in ein Arbeitslager gesteckt. Im selben Jahr wie Moyshe Kulbak wurde Izi Kharik im Zuge der ’stalinistischen Säuberungen‘ erschossen.

Bild oben Yiddisch Leksikon, unten Yiddishkayt

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Sarah Hamer-Jacklyn

Eine jiddische Schriftstellerin, die über ihr Shtetl Radomsk in Polen schrieb, wo sie 1905 geboren wurde, über die Traditionen, Bräuche und die spirituelle Atmosphäre, das tägliche Leben und die Familienmitglieder (‚Shtamen un tsvaygen‘). Ein besonderes Augenmerk legte sie auf die Rolle der Frauen und erzählte auch von Frauen, die aus diesem Leben ausbrachen.

Sarah Hamer-Jacklyn behandelte in ihren Erzählungen die Einwanderergemeinden in Amerika (sie wanderte mit ihren Eltern 1914 aus) und die Differenz zwischen dem Leben in den Shtetlech ihrer Heimat und dem Leben in Amerika (‚Shtot un shtetl‘). Sarah Hamer-Jacklyn starb 1975.

Werkbeispiele
Shtamen un tsvaygen
Shtot un shtetl
Lebens un gestalten

Jewish Women’s Archive

Shtot un shtetl

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Menke Katz

Jiddischer Dichter, Schriftsteller und Lehrer und Vater von Dovid Katz.

Menke Katz wurde 1906 in Švenčionys, Litauen, damals Russisches Reich, geboren. Seine ersten Dichtungen waren von Krieg und schwerer Erkrankung beeinflusst.

Auswanderung in die USA. 1932 erste Buch-Veröffentlichung. Sechs Jahre später zwei Bände über das Leben im Shtetl und die Emigration: ‚Brenendik shtetl‘. 1944 erschien ‚Inmitn tog‘, später schrieb Menke Katz auf Englisch (er veröffentlichte 9 jiddische und 9 englische Bücher), während sein Sohn Dovid sich dem Jiddischen fürs Leben verschrieben hatte und dafür nach Litauen gezogen war.

Laut ‚Jiddischem Buchzentrum‘ wurde Katz 1959 in Israel verhaftet, weil er auf der Straße mit seinem Sohn Jiddisch gesprochen hatte. Nach der Staatsgründung wollte man jahrelang von Jiddisch nichts wissen noch hören. Jiddisch war zu eng verbunden mit dem Holocaust, dem vernichteten jüdischen Osteuropa und sprachlich zu eng an Deutsch. Das hat sich heute gebessert. Doch das ist ein anderes Thema.

Den Rest seines Lebens verbrachte Menke Katz mit seiner Frau in einer Berghütte, wo er 1991 starb.

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Nahum Oyslender

Jiddischer Dichter, Theater- und Literaturwissenschaftler und bedeutender Literaturkritiker, geboren 1893 in Chodorkiw. Medizinstudium in Berlin und Kiew, Militärarzt bei der Roten Armee, wo er zu dichten begann.

Oyslender schrieb symbolistische Gedichte und literaturkritische Artikel, analysierte bekannte jiddische Schriftsteller und verfasste ein Prosawerk über das jüdische Shtetl unter den neuen gesellschaftlichen Verhältnissen. Er schrieb über jiddische Klassiker, Literaturgeschichte, das jiddische Theater, Sprache, über Sholem Alejchem, gab Lehrbücher über jiddische Literatur heraus und verfasste das Werk ‚Grundzüge des jiddischen Realismus‘. Er war Mitglied des Jüdischen Antifaschistischen Komitees und Professor für jiddische Literatur an den Universitäten Minsk und Kiew. Oyslender starb 1962 in Moskau.

Werke z.B.
Grunt-shtrikhn fun Yidish realizm.
Vegn-ayn-veg-oys : literarishe epizodn.
Halber tog : lider : 1918-1920.
Leynbukh farn dritn lernyor : bashtetikt durkh der kolegye fun Folkombild USRR.

worldcat.org

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