Grigorijus Kanovicius war ein litauischer Schriftsteller und Dramatiker, der hier unbedingt zugehört, auch wenn er statt Jiddisch auf Russisch schrieb. Seine mehr als zehn Romane handeln vom vergangenen Leben der litauischen Juden und der Geschichte des osteuropäischen Judentums.
Kanowitsch wurde 1929 in Jonava, nahe Kaunas, in Litauen geboren. Kaunas war wie Wilna, wie Warschau, eins der jüdischen geistigen Zentren Osteuropas. Kanowitsch wuchs traditionell jüdisch auf. Den Holocaust überlebte er mit seinen Eltern in Kasachstan, nach seiner Rückkehr nach Litauen fing er mit dem Schreiben an. 1993 emigrierte er nach Israel, weil es nach seinem Empfinden in Litauen kein jüdisches Leben mehr gebe. Kanowitsch starb dieses Jahr, im Januar 2023, in Tel Aviv.
Sein Roman ‚Kaddisch für mein Schtetl‘ ist autobiographisch. Weitere Werke in deutscher Übersetzung:
• Ewiger Sabbat (Kerzen im Wind)
• Tränen und Gebete der Einfältigen
• Die Freuden des Teufels
• Sklaven winkt kein Paradies
„Die Erinnerung an die Katastrophe, die Erinnerung an das osteuropäische Judentum wird Sache derer, die die Hölle überlebt haben. […] Irgendwer muss doch mit den Toten sein, ihren Schlaf bewachen, denn die Einsamkeit der Toten bringt Entfremdung und Feindschaft unter den Lebenden hervor. […] Die Verzweiflung verdoppelt und verdreifacht die Kräfte. Man muss schreiben […]“
Aus: ‚Die Einsamkeit der Toten. Erinnerung an das osteuropäische Judentum.‘ In: VIA REGIA Heft 32/33, 1995.
Foto oben: Andreas Stangl, DER STANDARD
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